Wie im letzten Beitrag bereits erwähnt, wollen wir euch heute Geshe Lobsang Yonten und eines seiner Projekte vorstellen. Wir hatten das grosse Glück, diesen aussergewöhnlichen Menschen im Vorfeld der öffentlichen Unterweisungen des Dalai Lama kennen zu lernen. Er stammt aus Zanskar, einer sehr abgelegenen Gegend im Bundesstaat Jammu und Kashmir im Norden Indiens. Diese Region gehörte geographisch lange Zeit zu Tibet. Doch war sie in der Vergangenheit oft auch Ort kriegerischer Auseinandersetzungen und wurde einmal zu diesem, dann wieder zu jenem Reich gezählt. Nach dem Ende der britischen Herrschaft in Indien und der Teilung des indischen Subkontinents in Pakistan und Indien, blieb die Zugehörigkeit Kashmirs lange Zeit unklar. Somit kam es bald zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Pakistan, Indien und China, da alle 3 Länder Anspruch auf die Region erhoben. Schliesslich wurde Kashmir aufgeteilt und seit dem ist Zanskar nun ein Teil des indischen Staates. Aufgrund der vielen Konflikte wurde – und wird leider bis heute – kaum Geld in diese Region investiert. In weiten Gebieten gibt es keinen Strom, kein fliessendes Wasser und keine medizinischen Einrichtungen. Dazu kommt, dass Zanskar im Winter oft während Monaten komplett von der Aussenwelt abgeschnitten ist. Für die Menschen dort hat all das verheerende Konsequenzen. Viele von ihnen leben in grosser Armut, finden kaum Arbeit, haben keine Schulbildung und leider auch zu wenig Geld um ihren Kindern den Zugang zu Bildung zu ermöglichen.
Geshe Lobsang Yonten verliess Zanskar im Alter von 16 Jahren, um an einer Klosteruniversität in Südindien Buddhismus zu studieren. Nachdem er sein Studium abgeschlossen hatte, machte er es sich zur Aufgabe, den Menschen in Zanskar eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Sein Kloster sparte so viel Geld wie möglich, um ihn in seinem Vorhaben zu unterstützen. Als genügend finanzielle Mittel vorhanden waren, reiste Geshe Lobsang Yonten nach Zanskar und stellte den dort lebenden Familien sein Projekt vor. Er sah es als seine Aufgabe, möglichst viele Kinder aus den ärmsten Familien nach Manali und Dharamsala zu bringen, wo sie sowohl nach tibetischem als auch westlichem Lehrplan eine fundierte Schulbildung erhalten würden. Für einige würde es später vielleicht sogar möglich sein, ein Studium zu absolvieren. Das erlernte Wissen, so hofft er, würde später nach Zanskar zurück fliessen und dazu beitragen, dass einerseits die tibetische Kultur erhalten bleibt, anderseits aber auch die dort lebenden Menschen von neueren Erkenntnissen profitieren können (z.B. in den Bereichen Landwirtschaft, Infrastruktur, Medizin usw.). Viele Elternpaare entschlossen sich dazu, ihre Kinder mit Geshe Lobsang Yonten nach Manali bzw. Dharamsala reisen zu lassen, mit dem Wissen, dass sie sie während 10-15 Jahren nicht mehr sehen würden. Nicht etwa weil Besuche untersagt wären, sondern weil dafür keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Dass viele Elternpaare bereit sind, ihre Kinder für so lange Zeit an Orte zu schicken, die sie selbst nicht einmal kennen, zeigt, wie schwierig und verzweifelt die Lage in Zanskar ist…
Über die wundervolle Arbeit von Geshe Lobsang Yonten wurde vor einigen Jahren ein Dokumentarfilm mit dem Titel „Journey from Zanskar“ gedreht, den wir sehr empfehlen können. Der Film gewährt eindrückliche Einblicke in das beschwerliche Leben der Menschen in dieser Region, in ihre Kultur, ihre Traditionen und die faszinierende, aber auch raue Landschaft, in der sie leben. (Wer sich den Film gerne ansehen möchte, kann ihn nach unserer Rückkehr bei uns ausleihen).
Wir schätzen uns sehr glücklich, dass wir die Möglichkeit hatten, Geshe Lobsang Yonten persönlich kennen zu lernen. Für uns ist er einer dieser Menschen, die uns tief berührt und inspiriert haben. Wir wünschen ihm in seiner Arbeit von ganzem Herzen alles Gute und viel Erfolg!
Hier der Trailer zum erwähnten Film…